Ein Interview mit BIM-Experte Arnim Spengler
Die Digitalisierung im Bauwesen ist ein weites Feld. Eines, das vom Handwerk noch weitgehend „unbestellt“ ist. Das soll sich mit den neuen Aufstiegsfortbildungen „Bachelor Professional für Energieeffizienz und digitales Bauprojektmanagement (EDiB)“ und „Geprüfte*r Berufsspezialist*in für BIM im Handwerk“ ändern.
Zentrale Säule dieser Fortbildungen ist das Building Information Modeling (BIM) – eine Arbeitsmethode für Bauprojekte, die alle Projektdaten in einem digitalen Modell zusammenführt und eine neue Form von gewerkeübergreifender Zusammenarbeit ermöglicht. Arnim Spengler, Diplom-Bauingenieur und BIM-Experte, hat die BIM-Inhalte maßgeblich mitentwickelt und wird sie als Dozierender im ersten Durchgang unterrichten. Hier spricht er über Chancen und Herausforderungen von BIM für das Handwerk.
Können Sie uns in einfachen Worten sagen, was Building Information Modeling ist und wie es funktioniert?
Arnim Spengler: Im Mittelpunkt von BIM steht ein digitales Modell des geplanten Gebäudes, auf das alle Projektbeteiligten Zugriff haben und das mit allen Programmen und Dateien, die in der Baubranche verwendet werden, kompatibel ist. Das heißt, jeder, der am Bauprojekt beteiligt ist – sei es die Architektin, der Elektroinstallateur oder die Fliesenlegerin –, kann seine Daten in die BIM-Cloud einspeisen. Und alle anderen können sie lesen und darauf reagieren. So werden alle Planungsschritte, die bei herkömmlicher Planung getrennt voneinander ablaufen, miteinander verzahnt. Es entsteht ein koordinierter Arbeitsprozess, mit dem Bauvorhaben schneller, effizienter und nachhaltiger umgesetzt werden können.
Können Sie das an einem konkreten Beispiel erläutern?
Arnim Spengler: Man stelle sich vor, in einem Wandabschnitt soll ein Durchbruch für eine Heizungsinstallation gemacht werden. Der Elektriker bekommt diese Information und sagt: „Moment mal, da, wo du mit deinem Heizungsrohr durch möchtest, liegt schon eine zentrale Elektroleitung. Das geht so nicht!“ Der Elektriker macht dann eine Markierung im BIM-Modell, schickt sie zum Heizungsbauer zurück und der plant seine Rohrleitung entsprechend um. Früher fiel so etwas erst auf der Baustelle auf und man musste improvisieren. Das war teuer und hat Zeit gekostet. Oft mussten Nachträge gestellt werden. Dann kam die Frage auf: Wer ist schuld? Wer zahlt? Oder eine Bauherrin sagt nach Abschluss der Arbeiten: „Das habe ich mir aber ganz anders vorgestellt.“ All das fällt mit BIM weg und lässt sich sogar automatisieren.
Wie wirkt sich BIM auf die Zusammenarbeit aus?
Arnim Spengler: BIM ist nicht nur ein digitales Tool, das einzelne Arbeitsschritte erleichtert, sondern eine „digitale Baustelle“, die eine völlig neue Form von Kooperation ermöglicht. Ich nenne das „wohlwollende Zusammenarbeit“. In Deutschland sind wir ja eher gewohnt, uns sprichwörtlich „nicht ins Handwerk pfuschen zu lassen“. Mit BIM wird diese Perspektive gewissermaßen umgedreht und alle Gewerke werden konstruktiv verbunden. Diese Form der wohlwollenden Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist für mich eine der wichtigsten Zukunftsqualifikationen für das Handwerk und für die Baubranche.
Arnim Spengler ist Diplom-Bauingenieur, Master of Science in Bauwissenschaften, freier Ingenieur und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Ruhr West. Er ist Autor und Mitautor zahlreicher Handbücher und Artikel zum Thema Digitalisierung und Künstliche Intelligenz im Bauwesen. Seit 2014 beschäftigt er sich mit Building Information Modeling, war seitdem Mitglied in vielen Normungsgremien auf EU-, Bundes- und Landesebene, wie dem BIM Cluster NRW und BIM-Kompetenzcenter des Bauministeriums (MHKBD) NRW. Er ist Gründer und CTO der Firma Bredic für intelligente IT-Systeme zur Bauwerksüberwachung.